Unser Blickwinkel auf das Sternenmeer ändert sich. Langsam zwar, aber stetig. Die Erde dreht sich um sich selbst, verhält sich dabei aber wie ein Kreisel, der langsam ausläuft. Weil die Masse auf der Erde nicht gleichmäßig verteilt ist, vollführt unser Planet eine Taumelbewegung, die Präzession genannt wird.
In den Zeiten von Polaris
Die Erdachse, die heute ziemlich genau auf den Polarstern zeigt, vollführt innerhalb von rund 26.000 Jahren einen großen Kreis am Himmel, mitten durch einige Sternbilder. Dadurch verschiebt sich der Himmelsnordpol, aber auch die Punkte von Tag- und Nachtgleiche im Frühling und Herbst sowie die Sommer- und Wintersonnenwendepunkte.
Innerhalb von rund 2000 Jahren wandern sie um je ein Tierkreiszeichen weiter. So steht der Frühlingspunkt heute nicht mehr im Sternbild Widder wie vor 2000 Jahren, sondern in den Fischen, und wandert langsam aber sicher auf den Wassermann zu.
Die Erdachse zeigt derzeit zufälligerweise fast genau auf den Polarstern. Die Erde dreht sich um diese Achse, einmal in 23h 56min. Da wir auf der Erde stehen und uns mit ihr mitdrehen, scheint es für uns, als stünden wir fest und unbeweglich, und der Sternenhimmel dreht sich um uns.
Das ist eine optische Täuschung. Nicht die Sterne drehen sich, sondern wir mitsamt der Erdkugel. Dabei gibt es zwei Punkte, die sich nicht mitdrehen oder besser gesagt, die sich an Ort und Stelle um sich selbst drehen.
Das ist auf der nördlichen Halbkugel, wo wir in Europa leben, die Gegend um den Polarstern. Auch von der südlichen Halbkugel aus gesehen gibt es einen solchen speziellen Ort am Himmel, um den sich scheinbar alles dreht. Nur steht ausgerechnet da kein Stern.
Der Polarstern wird nicht auf ewig der Drehpunkt des Himmels bleiben. Der Drehpunkt (der imaginäre Punkt, auf den die Erdachse zeigt) verschiebt sich im Lauf der Jahrhunderte allmählich und wandert weiter.
Welcher wird der nächste Nordstern?
Vor 2000 Jahren, im Zeitalter der Antike, als in Griechenland viele der heute bekannten Sternbilder benannt wurden, war Polaris noch weit vom heutigen Himmelsnordpol entfernt. Damals stand der untere Kastenstern des Kleinen Wagen, genannt Kochab, dem Nordpol viel näher.
Polaris wird auch nicht für immer und ewig unser Nordstern bleiben. Durch die Taumelbewegung der Erde (Präzession) beschreibt die Erdachse im Laufe der Jahrtausende einen großen Kreis am Himmel.
Dieser Pfad der Erdachse ist auf dem rechten Bild als oranger Kreis dargestellt. Die Markierungen auf ihm sollen Zeitabschnitte mit der Länge von etwa 2000 Jahren andeuten.
In ca. 2000 Jahren wird die Erdachse z.B. auf den oberen Stern des Sternbildes Kepheus zeigen (die Spitze des Häuschens). Dann wird sich der gesamte Sternenhimmel scheinbar um diesen Stern drehen.
Auch der bekannte Stern Wega im Sternbild Leier bekommt irgendwann die Ehre, Polarstern sein zu dürfen. In etwa 13000 Jahren ist es soweit.
Nach insgesamt etwa 25800 Jahren hat sich der Kreis vollendet, und Polaris im Kleinen Bär ist wieder an der Reihe, den Nordpol zu markieren.