Astronom

F.G.Wilhelm Struve und das Observatorium Pulkovo

Friedrich Georg Wilhelm Struve -
Gründer des Zentralobservatorium der Russischen Akademie der Wissenschaften in Pulkovo bei Sankt Petersburg

Die Gründung dieser wissenschaftlichen Einrichtung wurde am 07. (nach dem gregorianischen Kalender, 19. nach dem damals in Russland noch geltenden julianischen Kalender) August 1839 vollzogen und jährt sich im August 2014 zum 175. Male. Der Gründer und erste Direktor dieser altehrwürdigen Einrichtung war der am 15. April 1793 in Altona bei Hamburg geborene Astronom Friedrich Georg Wilhelm Struve.

Friedrich Georg Wilhelm Struve Struve studierte in Dorpat, dem heutigen Tartu in Estland, Philologie und schloss 1811 seine Studien ab. Schon während dieser Studienjahre wandte er sich mit großem Fleiß und Hingabe den mathematisch- physikalisch- und astronomischen Wissenschaften zu, was dem Rektor der Dorparter Universität, Prof. Parrot, nicht unbekannt blieb.

Er war es, der Struve riet, die bevorstehende Karriere als Philologe nicht weiter zu verfolgen, sondern sich ganz und gar der Astronomie und den angrenzenden Wissenschaften zu widmen.

Enge und freundschaftlichen Verbindungen der Familie Struve zu dem damals bekannten Astronomen Heinrich Christian Schumacher taten ein Übriges, dass der junge Philologe dem Rat von Prof. Parrot folgte und bereits im Jahre 1813 mit einer wissenschaftlichen Arbeit über die präzise geographische Positionsbestimmung des Dorparter Observatoriums Aufsehen erregte.

Mit dieser in astronomischer Hinsicht wichtigen Arbeit trat er erstmals in Erscheinung und erhielt bereits Ende 1813 eine außerordentliche Professur an der Dorparter Universitätssternwarte.

Neun Jahre später, im Jahre 1822, wurde F.G.Wilhelm Struve zum Korrespondierenden Mitglied der Sankt-Petersburger Akademie der Wissenschaften gewählt. Nach weiteren vier Jahren - 1826 - wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der Sankt-Petersburger Akademie der Wissenschaften angetragen.

Vorbereitungen zum Bau des neuen Observatoriums

Pulkovo Observatorium

Bei den Mitgliedern der Russischen Akademie der Wissenschaften waren die Überlegungen zum Bau eines neuen und modernen Zentralastronomischen Observatoriums bis zum Jahre 1827 soweit gediehen, dass an die Umsetzung gedacht werden konnte. Das bislang vorhandene Observatorium, das sich zum damaligen Zeitpunkt in der `Kunstkammer´, mitten im Zentrum der Stadt Sankt-Petersburg befand, wurde durch zunehmende Vibrationen vorbeifahrender Equipagen (Lastengespanne) für wissenschaftliche Arbeiten immer unbrauchbarer.

Im Jahre 1830 wurde Struve zum Besuch der damals besten Observatorien der Welt ins Ausland gesandt, stattete nach Abschluss dieser Reise Zar Nikolaus I. einen ausführliche Bericht über das Gesehene ab und gab wichtige und entscheidende Hinweise zum geplanten Bau des neuen Zentralastronomischen Observatoriums.

Zar Nikolaus I. war von diesem Bericht derart beeindruckt, dass er ihm die Gründung dieses Observatoriums antrug. Zwei Jahre später, im Jahre 1832, wurde er gewähltes Mitglied der Sankt-Petersburger Akademie der Wissenschaften und nahm von Dorpart aus an der Arbeit des Gremiums zum Bau des neuen Observatoriums teil.

Bei all diesen zusätzlichen Arbeiten vernachlässigte Struve nicht seine wissenschaftlichen Arbeiten an der Dorparter Universitätssternwarte und bezeichnete Dorpart als seine Heimatstadt. So wurde das dortige Obsevatorium zum Modell für das spätere Zentralastronomische Observatorium in Pulkovo.

Die Entscheidung für die Auswahl des Standortes dieser neuen Einrichtung fiel auf die kleine Ortschaft Pulkovo, die nur rund 20 km von Sankt-Petersburg entfernt und nur 8,5 km von der Sommerresidenz der Zarenfamilie in Tsarskoye Selo entfernt liegt und sich durch eine 75m hohe Erhebung von seinem Umland unterscheidet.

Ein Areal von 0,22 km2 Größe wurde als Geschenk des Zaren an die Akademie der Wissenschaften übergeben, und der zur damaligen Zeit bekannte und berühmte Architekt Alexander Brüllow realisierte Struves Ideen in so perfekter Weise, dass der Haupttrakt des Observatoriums aufs Allerbeste für die künftige wissenschaftliche Arbeit gerüstet war.

Die Zeremonie der Grundsteinlegung fand am 21. Juli des Jahres 1835 statt, und schon im Vorfeld wurde das künftige Instrumentarium nach genauen Anweisungen Struves in London, Berlin, Hamburg, München und Sankt-Petersburg in Auftrag gegeben und gefertigt. Einer seiner früheren Schüler aus der Dorparter Zeit mit Namen Pohrt wurde Struves Assistent und von ihm mit den Fragen der Lieferung des künftigen Instrumentariums betraut.

Zum Zeitpunkt der Lieferung der vier wichtigsten Instrumente - des ´Ertelschen Transit-Instrumentes´, des ´Ertelschen Vertikalkreises´, des ´Repsoldschen Meridiankreises´ und des ´Repsoldschen Transit-Instrumentes´- wurden die wissenschaftlichen Mitarbeiter Fuss, Sabler und sein ältester Sohn Otto Struve nicht nur mit dem genauesten Aufstellen und Justieren der Teleskope betraut, sondern gingen nach der Aufstellung mit großem Enthusiasmus - in neuen Observatoriumsräumen und neuesten Instrumenten - und im Bewusstsein der wissenschaftlichen Möglichkeiten und Perspektiven ans Werk.

F.W.G. Struve beschreibt in liebenswürdigen und detailreichen Worten in seinen Ausführungen zur Geschichte der Gründung des neuen Observatoriums - Discription de l` Observatoire central de Pulkova - die Installation all der neuen und höchst modernen Instrumente.

Das Observatorium Pulkovo nimmt auf vielfältigen
wissenschaftlichen Gebieten die Arbeit auf

Die Einweihungsfeierlichkeiten wurden am 07. (19.) August 1839 unter großer Anteilname der Repräsentanten der Stadt Moskau und zahlreicher Vertreter weiterer Städte Russlands, aber auch aller Mitglieder der Akademie der Wissenschaft, zahlreicher ausländischer Botschafter und ausgewählter Gelehrter der damaligen Zeit, begangen.

Pulkovo Observatorium

Zar Nikolaus I. ließ sich am 26. September 1839 in einer über zweistündigen Exkursion von Struve ausführlichst über die Einrichtung, die Instrumente selbst und über die wissenschaftlichen Arbeiten unterrichten und zeigte großes Interesse an der Organisationsform des Institutes.

Für seine umfangreichen Bemühungen beim Errichten des Zentralobservatoriums zeichnete ihn der Zar mit dem begehrten Orden des Heiligen Stanislaws aus und sicherte ihm ein besonderes Salär für ihn selbst, für seine Mitarbeiter sowie eine großzügige Finanzierung für die Hauptsternwarte Pulkowo zu.

Stellarastronomie

Pulkovo Refraktor

Durch die besondere klimatische und geografische Lage und auf Grund der erstklassigen technischen Ausstattung am Pulkovoer Observatorium wandte sich Struve in besonderer Weise der Stellarastronomie zu.

Obgleich im Pulkovoer Gründungsmanifest die regelmäßige und genaueste Beobachtung der Himmelskörper im Mittelpunkt des Interesses standen, kam der genauesten Vermessung des nördlichen Firmamentes und daraus folgend der Erstellung präziser Sternkataloge und Himmelskarten eine besondere Rolle zu.

Geodäsie

Die Geodäsie stand als weiteres Betätigungsfeld im Mittelpunkt des Interesses und so verläuft der ´Pulkowoer Nullmeridian´, eine zu Greenwich in Bezug gebrachte Längenkreis-Bestimmung, nicht von ungefähr genau durch den Zentralturm dieses Observatoriums.

Von dieser festgelegten Linie aus wurde in den Folgejahren gezielt und unermüdlich das gesamte Russische Reich vermessen und legte so die Grundlage für die spätere Prospektierung und erfolgreiche wirtschaftliche Erschließung der Bodenschätze im fernen Norden und Fernen Osten Russlands.

Die Mitarbeiter dieser Einrichtung hielten von Beginn an sehr engen Kontakt zur Hydrographischen Abteilung der Kaiserlich Russischen Geografischen Gesellschaft und so wurde in den ersten zwanzig Jahren des Bestehens des Zentralastronomischen Observatorium in Pulkovo diese Einrichtung auch zum Zentrum aller astronomisch - geodätischen Unternehmungen, die in Russland unternommen wurden. Als Beispiel für diese umfangreichen Tätigkeiten seien hier nur die Expeditionen zum Ural, nach Ostsibirien und an die Chinesische Grenze genannt.

Besondere Berühmtheit erlangte das Pulkovoer Observatorium mit seinen über 40 Jahre andauernden Untersuchungen und Messungen des Meridianbogens, wobei der südlichste Punkt an der Donaumündung und der nördlichste Punkt in Norwegen gelegen war.

Praktische Ausbildung von Studenten

Auch in der Lehrtätigkeit erlangte dieses neue Observatorium schnell hohe wissenschaftliche Wertschätzung, und so mussten zum Abschluss ihrer Ausbildung alle Studenten der Marineakademie einen zweijährigen Kurs an dieser Einrichtung absolvieren, die zu allen Zeiten in großzügiger Weise allen Studenten, nicht nur der Geodäsie und Astronomie des In- und Auslandes, zu Studien zur Verfügung stand.

Besonderen Wert hatte Struve schon zur Gründungszeit auf den Ausbau und die Komplettierung der Bibliothek gelegt, wobei allein bis zum Jahre 1865 die Zahl der zur Verfügung stehenden Fachliteratur auf 9200 Bände angestiegen war und weitere 9600 Dissertationen hinzuzurechnen sind.

Besonders stolz war Struve auf den Besitz zahlreicher und zudem noch äußerst rarer Manuskripte, wie zum Beispiel die des berühmten Astronomen Johannes Kepler. So nahm das Pulkovoer astronomische Zentralobservatorium schon zum damaligen Zeitpunkt einen besonderen Stellenwert in der Astronomischen Welt ein und erhielt in Fachkreisen den von Hochachtung geprägten Zusatznamen ´Die Astronomische Hauptstadt der Welt´.

Die Ära nach F.G.W. Struve

Nach arbeitsreichem Wirken, das durch zahlreiche Neuentdeckungen, vom Herausfinden neuartiger Beobachtungs- und Untersuchungsmethoden geprägt war, wobei hier nur stellvertretend die Untersuchungen der Milchstraße, die Entdeckung und exakte Rotationsbestimmung von 58 Doppelsternen, die Erstellung eines Kataloges von 3112 Doppelsternen und die Bestimmung von Sonnenbewegungsparametern genannt sein sollen, fand F.G.W. Struve in seinem ältesten Sohn Otto einen begabten und würdigen Nachfolger und übergab 1861 das Zepter an ihn. Otto Struve führte fortan diese berühmte Einrichtung mit geschickter Hand zu neuen wissenschaftlichen Ufern.

Die Gründung des Pulkovoer Observatoriums war für die Akademische Welt von derart großer Bedeutung und Wertigkeit, dass sehr schnell nach seiner Gründung reges Interesse an dieser neuen und zudem noch allerbest ausgestatteten Einrichtung zur Erforschung des Universums und deren Ergebnisse entstand. Zu allen wichtigen Astronomischen Instituten der damaligen Zeit wurden rege und für die wissenschaftliche Astronomie fruchtbringende Kontakte unterhalten und gepflegt.

Neuer Status und Vorbild für weitere Observatorien

Nach der Oktoberrevolution 1917, wurde dem Pulkovoer Observatorium eine zentrale Rolle in der wissenschaftlichen Astronomie der Sowjetunion zuteil. Es erhielt den Status eines Zentralobservatoriums. Diese neue Rolle beinhaltete besonders den Aufbau und die Betreuung der in den Folgejahren neu gegründeten Observatorien in der Ukraine, dem Kaukasus, Zentralasiens und in späteren Jahren auch die der Baltischen Staaten und in Südamerika.

Wenn es um die Konstruktion neuer Instrumente für diese angeschlossenen Einrichtungen ging, standen die Pulkovoer Wissenschaftler federführend zur Seite. Diese Hilfestellung galt in besonderer Weise auch für die Aus- Fort- und Weiterbildung des astronomischen Nachwuchses.

Sowohl die Novembertage der `Oktober - Revolution` von 1917, als auch die Oktober - Tage des Jahres 1919 zählen zu den schwierigsten und entbehrungsreichsten in der Geschichte dieser altehrwürdigen Einrichtung und wurden in ihren Auswirkungen nur noch durch die Belagerungszeit durch deutsche Truppen zwischen September 1941 und Januar 1944 übertroffen.

Zwischen 1917 und 1919 trugen Anhänger und Gegner der Oktoberrevolution schwerste Kampfhandlungen auf dem Gelände des Observatoriums aus und zogen die Einrichtung in starke Mitleidenschaft.

Nach den Revolutionswirren übertrug sich auf diese wissenschaftliche Einrichtung sehr schnell der Ruf, in der Astronomie weltweit führend zu sein. Im Jahre 1934 wurde das Pulkovoer Zentralobservatorium in die Akademie der Wissenschaft der UdSSR integriert und drei Jahre später wurde auch die angeschlossene Bibliothek eingegliedert.

Die Stalin-Ära

Wie unsicher und schwer die Zeit der sogenannten `Stalin Ära´, im Besonderen das Jahr 1934, für die am Zentralobservatorium arbeitenden Wissenschaftler war, soll stellvertretend am Beispiel des Astronomen und damaligen Direktors und Verfassers der in Fachkreisen bekannten und geschätzten ersten Ausgabe des zweibändigen Lehrbuches `A course in Astrophysics and Stellar Astronomie´, Boris Petrowitsch. Gerassimowitsch verdeutlicht werden. Er wurde auf Befehl Stalins verhaftet und in einem Schnellverfahren mit folgender, schriftlich überlieferter Begründung hingerichtet: „Der Wissenschaftler habe sich bei der Untersuchung von Sonnenfinsternissen schädlicher Aktivitäten schuldig gemacht“ .

Von den seinerzeit 20 verhafteten wissenschaftlichen Mitarbeitern dieses Observatoriums wurden neben Gerassimowitsch noch 6 weitere Wissenschaftler wegen angeblicher `Konterrevolutionärer Untriebe´ im Schnellverfahren von der sogenannten “Trojka“ abgeurteilt und hingerichtet.

Alle anderen wurden zu langen Haftstrafen verurteilt und in Konzentrations- und Internierungslager von GULAG verschleppt. Nikolai Alexandrowitsch Kosyrev, einer der erfolgreichsten Astronomen der Vor- und Nachkriegszeit, musste von 1937 an 48 unterschiedliche Internierungslager über sich ergehen lassen. Erst Mitte der fünfziger Jahre konnte er zum Hauptobservatorium Pulkowo zurückkehren.

Zerstörung und Neuaufbau

Das von deutschen Truppen zerstörte Pulkovo Observatorium

In der Zeit der Jahre andauernden Blockade der Stadt Leningrad durch Deutsche Truppen kam es durch groß angelegten Flächenbombardements und schwerster Artillerie - Feuerüberfälle seitens der angreifenden Verbände der deutschen Wehrmacht zur vollständigen Zerstörung des gesamten Observatoriumskomplexes und des Parkgeländes.

Das von deutschen Truppen zerstörte Pulkovo Observatorium

Noch bevor die Deutschen Truppen ihre schweren Angriffe starteten, wurden die Hauptinstrumente der Hauptsternwarte Pulkowo, darunter auch das weltgrößte und leistungsfähigste Linsenteleskop, mit einem Objektivdurchmesser von 76cm, in der Stadt Leningrad ausgelagert und entgingen so der Zerstörung und Vernichtung.

Gleiches gilt auch, dank des unermüdlichen Einsatzes der damaligen Bibliotheksdirektorin Elena Winterhalter und ihrer Mitarbeiterinnen für einen Großteil der mittlerweile weltberühmt gewordenen Bibliotheksbestände mit ihren äußerst seltenen Handschriften und Büchern des 15. - 19. Jahrhunderts, sowie die fundamentalen Werke auf dem Gebiet der praktischen Astronomie und Geodäsie.

Zu diesen wie durch ein Wunder geretteten Werke zählen auch die astronomisch wichtigen Werke des Bremer Arztes und Astronomen Heinrich Wilhelm Matthäus Olbers, 1758 - 1840, der sich unter anderem mit dem nach ihm benannten `Olbersschen (photometrischen) Paradoxon´ einen großen Namen auf dem Gebiet der Kosmologie machte.

Im Gegensatz zu dieser bis heute unfassbaren und zu verurteilenden Haltung Stalins, rigoros und von krankhaftem Wahn getrieben, 1937 gegen Mitarbeiter dieses Observatoriums vorzugehen, steht andererseits die Tatsache, dass schon im März 1945, also noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges, von höchster Stelle aus der vollständige Wiederaufbau des Observatoriums nach den alten Plänen beschlossen wurde.

Federführend wurde der Architekt A.V. Schtschussjew mit dieser umfangreichen Arbeit betraut und wurde vom damaligen Präsidenten der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, S.I. Vavilov, in besonderer Weise unterstützt. Eine weitere Rolle beim Wiederaufbau des Zentralobservatoriums spielte auch der damalige Direktor A.A. Mikhailov.

Wiedereröffnung im Mai 1954

Nach großen Anstrengungen in schwieriger Zeit, die bei einer solch großen und dem Erdboden gleichgemachten Einrichtung beim Wiederaufbau geleistet werden mussten, fand im Mai 1954 die offizielle Wiedereröffnung dieses altehrwürdigen Observatoriums statt.

Wiedereröffnung Pulkovo Observatorium

Mit moderner Technik ausgestattet und im steten Bemühen, den modernen Erfordernissen gerecht zu werden, nahm diese wiedererstandene Einrichtung nach auch in körperlicher Hinsicht entbehrungsreichen Jahren unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, offizieller Würdenträger, Wissenschaftlern zahlreicher Fakultäten und ausländischer Gäste seine wichtige Arbeit erneut auf.

So wurden die in der Gründungsurkunde festgeschriebenen Forschungsrichtungen weiterverfolgt und entwickelt. Hinzu kamen fortan noch die genaueste Zeitbestimmung, ein Service zur Breitengradbestimmung (Zeit und Breitendienst) und die Untersuchung über die Schwankung der Geschwindigkeit der Erdrotation hinzu, die dem Streben der Geophysiker entgegenkamen.

Wiedereröffnung Pulkovo Observatorium

Besonderen Stellenwert nahm auch der Informations- und Vorhersageservice über die Aktivität der Sonne ein. Gerade durch diesen Service wurden die Vorhersagen über die Ausbreitungsbedingungen der Radiowellen, die Einflüsse auf Wetter, Klima und die erdnahe Umgebung wesentlich unterstützt und erforscht.

Neu: die Satelliten-Astronomie

Neu hinzu kamen die radioastronomischen Instrumente sowie die wissenschaftlichen Untersuchungen in diesem neuen Fachgebiet. Schon vor dem Start des Satelliten “Sputnik“, gestartet am 04. Oktober 1957, begann die Entwicklung und Ausführung neuer Methoden der Satelliten Astronomie. All das drückt den Enthusiasmus der jüngeren Generation Astronomen aus, die diese extrem schweren und komplizierten Zeiten in der Geschichte Pulkovos überstanden.

Neben all diesen Tätigkeiten ist das Pulkovoer Observatorium auch die Wiege für bis heute zukunftsweisende Forschungsrichtungen gewesen. So wurde dort Pionierarbeit auch auf den Gebieten der Photographie, des Studium der Erdpolenbewegung, der Planetenbeobachtungen und der Sternspektra- und -helligkeitsbestimmung, geleistet.

Darüber hinaus wurden Wege beschritten, die bis zu ihrer erfolgreichen Erprobung für nicht möglich gehalten wurden, als da wären die speziellen Radioastronomischen Untersuchungen, die Kosmische Geodäsie und als besonders herausragende und weltweit anerkannte Leistung die Sonnenbeobachtung, die mit Hilfe eines an einen Ballon adaptierten Teleskops von der Stratosphäre aus gemacht wurde und bis lang unerreichte, detailreiche Strukturen auf der Sonnenoberfläche zu Tage förderte.

Weitere Meilensteine in der 175 - jährigen Geschichte des Zentralobservatoriums der Russischen Akademie der Wissenschaften sind das im Jahre 1970 in Betrieb gegangene und bis Mitte 1998 größte Spiegelteleskop der Welt mit einem Durchmesser von 6,0m, das Radioteleskop RATAN-600 im nördlichen Kaukasus, dessen Versuchsanlage bis heute im LPR (Large Pulkovo Radioteleskop) auf dem dortigen Observatoriumskomplex in Aktion ist, das `Latitude Laboratorium / Blagoveshchensk` und die `High Altitude Solar Station in Kislovodsk` mit seinem 53cm Koronographen, deren 50-jähriges Bestehen im Juni 1998 am Zentralobservatorium begangen wurde.

Bis Anfang 1980 waren 150 Wissenschafler, davon 15 mit einem von der Physikalisch - Mathematischen - Fakultät verliehenen Doktorgrad und 85 Kandidaten der Physikalisch - Mathematischen Wissenschaften am Observatorium tätig.

Erforschung der Sonne

Die Forschungen auf dem Gebiet der Sonnenphysik, der Sonnenaktivität und das Studium der sichtbar gemachten feinen Strukturen in unterschiedlichen Schichten der Sonnenatmosphäre und die daraus folgenden Studien des Magnetfeldes durch optische und radioastronomische Observationen nimmt bis zum heutigen Tag breiten Raum im Wissenschaftsbetrieb ein.

Einen gleich hohen Stellenwert kommt den Untersuchungen von Sternsystemen und ihrer Dynamik, der photometrischen und spektralen Klassifizierung von Sternen und Kugelsternhaufen und der Infrarotastronomie, zu.

Im Verlaufe der über anderthalb Jahrhunderte ausgeübten astronomischen Wissenschaft veröffentlichte dieses Observatorium zahlreiche wichtige Bücher und auch die Schriften `Izvestia Glavnoi Astronomicheskoi Observatorii v Pulkove´ und `Trudy´ , sowie das Bulletin `Solnechnye Dannye´ und `Catalogue of Solar Activity´ genießen einen weltweiten Bekanntheitsgrad.

Die Beziehungen Pulkovos zu anderen Astronomischen Instituten bezogen sich vor dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion nicht nur auf die früheren `Bruderländer´, sondern war seinerzeit weltumspannend, und so wurden zum Beispiel die Publikationen von 227 Observatorien, Instituten und Gesellschaften aus 36 Ländern angefordert.

In den vergangenen Jahren wurden von den am Pulkovoer Zentralobservatorium arbeitenden Wissenschaftlern große Anstrengungen auf dem Gebiet der Raumfahrtastronomie unternommen. So ist stellvertretend das Projekt “ISSO - Interplanetary Solar Stereoscopic Observatory “ zu nennen, das von den beiden Lagrange-Punkten aus das Sonne - Erdesystem beobachten soll.

Im Laufe der Jahre wurden an zahlreiche Pulkovoer Astronomen wichtige Ämter in der IAU `Internationalen Astronomischen Union´, dem Weltverband aller Berufsastromomen übertragen und damit die hohe internationale Wertschätzung der dort arbeitenden Wissenschaftler zum Ausdruck gebracht und unterstrichen.

Der für das Zentralinstitut entscheidendste, zudem noch schwierigste und folgenreichste Einschnitt der jüngsten Geschichte ist der Zusammenbruch der Sowjetunion, in dessen Verlaufe das Unterste nach oben gedreht wurde und unter der dieses altehrwürdige Observatorium in besonderer und mannigfacher Weise sehr zu leiden hat.

Trotz der katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnisse, die mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion einhergingen, ist es gerade dem energischen, immerwährenden und nicht nachlassenden, mutigen Einsatzes des seit Anfang der 80er Jahre amtierenden und bis ins Jahr 2000 amtierenden Direktors, Prof. Dr. Victor K. Abalakin und seinen Mitarbeitern und Mitstreitern zu verdanken, dass diese weltweit anerkannte wissenschaftliche Einrichtung, trotz aller größter Schwierigkeiten arbeits- und funktionsfähig geblieben ist.

Zentralobservatorium der Russischen Akademie der Wissenschaften in Pulkovo

Mit fortschreitender Stabilisierung und nachfolgender Prosperierung Russlands nach der Umstrukturierung, gilt Pulkovo, das Hauptobservatorium der Russischen Akademie der Wissenschaften in der astronomischen Welt heute wieder als eine Forschungseinrichtung von hohem und ausgezeichnetem Rang, was nicht zuletzt dem heutigen Direktorat unter Professor Dr. Alexander Stepanov sowie allen dort arbeitenden Wissenschaftlern und Mitarbeitern zu verdanken ist.

Zum Gedenken an die Astronomen der Familie Struve wurden ein Impaktkrater auf dem Mond und der Asteroid (768) Struveana benannt.

Entnommen dem Vortrag '175 Jahre im Dienste der astronomischen Wissenschaft'
anlässlich der Gründung des Observatoriums Pulkovo
von Michael Passarge, August 2014

Bildnachweis:
Bild von F.G.W. Struve: Wikipedia
Bilder 1 und 2: Historische Aufnahmen, Bildrechte: MAO-Pulkovo
Bild 3: Der große Struve-Refraktor, Bildrechte: MAO-Pulkovo
Bilder 4 und 5: Von deutschen Truppen zerstörte Observatorium im 2. Weltkrieg - so sah die ganze Anlage nach der Belagerung von Leningrad aus, Bildrechte: MAO-Pulkovo
Bilder 7a und 7b: Das Pulkovo Observatorium nach dem Wiederaufbau, Vorder- und Rückansicht, , Bildrechte: MAO-Pulkovo
Winter-Foto vom Observatorium Pulkovo: Michael Passarge

Herr Passarge moderiert übrigens die monatliche Sendung "Sterne sehen und verstehen" bei osthessen-tv, hier zu sehen: osthessen-tv.de/spezial/sterne-sehen-und-verstehen

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Friedrich Wilhelm Herschel

Friedrich Wilhelm Herschel lebte von 1738 bis 1822

wilhelm herschelMit der zufälligen Entdeckung eines neuen Planeten wurde Wilhelm Herschel mit einem Schlag weltberühmt. Dabei war er nicht einmal ein Astronom, sondern Musiker. Sein liebstes Hobby aber betrieb er in jeder wolkenfreien Nacht. Dafür hatte er sogar die Beobachtungsinstrumente selbst gebaut.

Ohne es zu wissen, besaß er dadurch die besten und leistungsfähigsten Teleskope der Welt. Mit ihnen machte er sich am Himmel auf die Suche nach Doppelsternen und stieß dabei im Jahr 1781 auf ein blaues Fleckchen, von dem er nicht genau sagen konnte, was es war. Vielleicht ein Komet? Ein Nebel? Oder etwa gar ein Planet?

Nach längerer Beobachtung stand zweifelsfrei fest: die Planetenfamilie hat Zuwachs bekommen! Der Neue, der später Uranus genannt wurde, zieht seine Bahn noch weit außerhalb der von Saturn.

Mit seiner Entdeckung vergrößerte sich unser Sonnensystem erheblich, und die Forschergemeinde machte sich unverzüglich auf, weitere unentdeckte Planeten zu finden. Was Wilhelm Herschel sonst noch alles entdecken konnte, erfährst hier auf dieser Seite.

Flucht nach England

Die Herschelgeschwister wurden in Hannover geboren. Ihr Vater war Musiker beim Militär und sorgte dafür, dass auch seine Kinder eine musikalische Ausbildung bekamen. Und so wurde der junge Wilhelm Oboenspieler beim Militärkorps. Als aber französiche Truppen 1757 Hannover besetzten, flüchtete Wilhelm nach England und fand dort eine Anstellung als Organist und Musiklehrer.

Während seines Studiums der mathematischen Musiktheorie erwachte sein Interesse an Mathematik und Optik. Diese neuen Kenntnisse konnte er für sein liebstes Hobby, die Astronomie, gut gebrauchen. Er beobachtete in jeder günstigen Nacht den Sternenhimmel, fand aber die Beobachtungsgeräte unzulänglich.

Seine neuen Kenntnisse der Mathematik und der Optik befähigten ihn, eigene leistungsstarke Teleskope zu bauen, deren Linsen er selbst schliff und deren Rohre er selbst baute. Im Laufe der Zeit wurden die Teleskope immer größer und besser. Herschel konnte sich nun an seine selbstgesteckte Aufgabe machen und nach Doppelsternen und Nebeln suchen.

Mit seiner Begeisterung für die Astronomie steckte er auch andere an, z.B. Musikschüler, die zu ihm nach Hause kamen, um Unterricht zu bekommen. Denn sobald der Himmel aufklarte, unterbrach Herschel den Musikunterricht, rannte nach draußen und schaute durchs Teleskop. Auch seine Schwester Caroline wies er in die Astronomie ein. Sie zog zu ihm, führte ihm den Haushalt und assistierte bei den Beobachtungen.


Die Entdeckung des siebten Planeten

Er und seine Schwester führten sorgfältig Buch über ihre Beobachtungen und verzeichneten die Sternpositionen in Sternkarten mit Koordinatensystem. Eines Nachts, im März des Jahres 1781, stieß Herschel auf einen Lichtfleck im Sternbild Zwillinge, der bei der ersten Durchmusterung dieses Sternbildesnicht dagewesen war.

Wilhelm wechselte das Objektiv seines Teleskops, um den Fleck zu vergrößern. Wäre es ein Stern gewesen, hätte er auch bei stärkeren Objektiven punktförmig bleiben müssen. Doch der Fleck ließ sich vergrößern. Herschel glaubte, er hätte einen Kometen gefunden und beschloss, ihn auch in den folgenden Nächten weiter zu beobachten. Ein Komet würde nämlich seine Position gegenüber dem Sternenhimmel verändern und zwischen den Sternen hindurchwandern. Und tatsächlich, das neue Objekt bewegte sich!

Nun war es an der Zeit, seine Bahn zu berechnen. Allerdings ließ sich die Erscheinung nicht mehr lange genug beobachten, denn es verschwand in der Dämmerung. Nun hieß es bis August warten, bis die Beobachtungsbedingungen wieder günstig waren. Die Spannung war groß, an welcher Stelle er sich wohl dann befinden würde. Herschel hatte unterdessen auch seinen Kollegen Bescheid gegeben, damit sie ebenfalls danach suchen konnten.

Uranus im März 1781 Uranus im September 1781 Uranus durch ein Teleskop
Uranus im März 1781, als er Herschel zum ersten Mal auffiel Uranus im September 1781, ein halbes Jahr nach seiner Entdeckung Planeten werden bei Vergrößerung flächig, Sterne bleiben punktförmig

Einige Astronomen fanden das neue Objekt und wunderten sich, dass der vermeintliche Komet keinen Schweif hat. Andere fanden ihn nicht und hielten Herschel für einen Hochstapler, wenn er von 460facher oder 932facher Vergrößerung mit seinem Teleskop sprach. Das klang für sie absolut utopisch, unerreichbar für ihre eigenen Teleskope. Um die Allgemeinheit ein für alle Mal von der Qualität seiner Geräte zu überzeugen, war er bereit, sein Teleskop sowohl dem König als auch dem Leiter der Königlichen Sternwarte Greenwich, Nevil Maskelyne vorzuführen. Die beiden waren sehr beeindruckt.

Herschels Teleskop war sehr viel leistungsfähiger als das beste Teleskop der königlichen Sternwarte. König Georg III. war so begeistert, dass er gleich den Bau mehrerer solcher Teleskope bei Herschel in Auftrag gab und ihn zudem verpflichtete, mit ihm Beobachtungsstunden durchzuführen. Zu diesem Zweck zog Herschel sogar um, nämlich nach Slough in die Nähe des Königs. Zwischen den beiden Männern entwickelte sich eine große Freundschaft.

Schon gewusst?

Uranus wurde schon lange vor Wilhelm Herschel entdeckt, aber noch für einen Stern gehalten. In älteren Sternkatalogen wie z.B. dem von Tobias Mayer aus dem Jahr 1756 war ein Stern verzeichnet, genau an der Stelle, wo sich Uranus in diesem Jahr hätte aufhalten müssen. Dass der Stern von dort wieder vom Himmel verschwand, war lange nicht aufgefallen.


Herschels Lebenswerk

Alle Bemühungen, die Bahn des neuen 'Kometen' zu berechnen, schlugen fehl, bis der russische Mathematiker und Astronom Anders Lexell auf die Idee kam, keine parabelförmige Umlaufbahn anzunehmen, sondern eine nahezu kreisförmige Ellipse zu berechnen, wie es bei Planeten üblich ist. Nun endlich ließ sich die Bewegung des neuen Objektes am Himmel einigermaßen gut vorhersagen. Lexell stellte dabei fest, dass die Bahn etwa doppelt so weit von der Sonne entfernt sein muss wie die des Saturn. Eindeutig hatte Herschel also einen Planeten entdeckt und dadurch mit einem Schlag das Sonnensystem erheblich vergrößert.

Nun blieb noch die Frage, wie der neue Planet künftig heißen könnte. Herschel sollte einen Vorschlag machen, ließ sich damit aber viel Zeit. So kam es, dass von allen Seiten Vorschläge kamen, denn die Entdeckung war ja in aller Munde, und jeder glaubte einen passenden Namen nennen zu können. Ins Gespräch kamen Namen wie Astrea, Oceanus und auch Neptun.

Herschel schlug vor, ihn zu Ehren seines Königs Georgium Sidus zu nennen - Georgs Stern. In Frankreich hieß er eine zeitlang 'Herschel', in Deutschland und Österreich setzte sich der Name 'Uranus' durch, und in England nannte man ihn 'Georgian Planet'. Erst im Jahr 1850, also fast 70 Jahre nach seiner Entdeckung, einigte man sich allgemein auf den Namen Uranus.


Herschels Planetenentdeckung machte ihn weithin bekannt und berühmt. Seine Tätigkeit als Musiklehrer konnte er nun aufgeben, denn der König ernannte ihn zum Königlichen Hofastronomen und zahlte ihm ein stattliches Gehalt von 200 Pfund im Jahr. herschels riesenteleskopHerschel konnte sich von nun an vollkommen auf die Astronomie konzentrieren. 1785 beschloss er, das weltgrößte Teleskop zu bauen. Es würde 12 Meter lang sein, mit einem Spiegel von 1,2 Metern Durchmesser und einer noch nie dagewesenen Lichtstärke.

Der König unterstützte sein Vorhaben großzügig, und so wurden bald viele Arbeiter für den Bau eingestellt. Bis zur Fertigstellung vergingen drei Jahre, und Herschel entdeckte damit einen sechsten Saturnmond (Mimas). Schon bald musste er aber feststellen, dass dieses Teleskop sehr unhandlich war. In der Bevölkerung nannte man es das "achte Weltwunder", und viele Besucher pilgerten zu Herschel, um es zu besichtigen.

enceladusHerschel verfügte über die besten Teleskope der Welt, und das ermöglichte es ihm, weitere Entdeckungen zu machen. Sechs Jahre nach seiner Entdeckung des Uranus konnte er zwei Monde dieses Planeten beobachten. Sie heißen heute Titania und Oberon. Auch bei Saturn fand er zwei weitere Monde, Mimas und Enceladus. Damit wuchs die Zahl der bis dahin bekannten Saturnmonde auf sechs an.

Rechts ist der Saturnmond Enceladus zu sehen, der Himmelskörper mit der höchsten Albedo im gesamten Sonnensystem. Er ist klein aber sehr hell, seine Oberfläche besteht aus Eis und Schnee. Das Bild wurde von der Raumsonde Cassini aufgenommen, die sich dem Mond bis auf wenige Hundert Kilometer nähern konnte.

john herschel1788 heiratete Wilhelm Herschel und bekam 1792 einen Sohn, den er John nannte. Aus ihm wurde später auch ein bekannter Astronom, er übernahm die Sternwarte seines Vaters. John Herschel fand unter anderem heraus, dass die Magellanschen Wolken (nur von der südlichen Halbkugel der Erde zu sehen) aus Sternen bestehen. Außerdem verbesserte er die Technik für fotographische Entwicklung, die zu seiner Zeit gerade erfunden wurde.

John Herschel bekam genau wie sein Vater und seine Tante einen Krater auf dem Mond, der nun seinen Namen trägt.


Zu Wilhelm Herschels Lebenswerk gehört neben der Entdeckung eines Planeten und von vier Monden ein Katalog, in dem 848 Doppelsterne verzeichnet sind. Herschel hatte die Vermutung, dass etliche von ihnen nicht nur zufällig nahe beieinanderstehen, sondern wirklich nebeneinander stehen und sich umkreisen, was damals ein neuer Gedanke war.

Außerdem schuf er ein als Herschelkatalog bezeichnetes Werk mit mehr als 2500 Eintragungen nebliger Objekte. Er vermutete, dass es Sterneninseln sein könnten, denn bestimmt ließen sie sich mit besseren Teleskopen in Einzelsterne auflösen. Fremde Galaxien waren damals noch unbekannt.

Um 1800 entdeckte Herschel zudem die Infrarotstrahlung der Sonne. Er spaltete das Licht der Sonne mit einem Prisma auf und legte ein Thermometer an das obere Ende des sichtbaren Lichtes. Die Temperatur stieg, und Herschel schloss daraus, dass hier auch unsichtbare Strahlung vorhanden sein muss, die man zwar nicht sehen aber messen kann.

Im Jahr 1822 verstarb Friedrich Wilhelm Herschel im hohen Alter von 84 Jahren. Zufälligerweise benötigt Uranus genau diese Zeit, um einen Umlauf um die Sonne zu vollenden.


Das Planetenjagdfieber

Der Planetenfund Herschels löste ein Jagdfieber auf weitere Planeten aus, denn plötzlich schien alles möglich. In Deutschland gründete sich sogar eine "Himmelspolizey". CeresDie Vereinigte Astronomische Gesellschaft teilte den Himmel im Bereich der Ekliptik in 24 Abschnitte auf und ließ jedes ihrer Mitglieder einen eigenen Abschnitt gründlich durchforsten, um weitere, bislang unerkannte Planeten zu finden.

Giuseppe Piazzi entdeckte 1801 einen schwach leuchtenden Himmelskörper, der sich nach längerer Beobachtung ganz wie ein Planet verhielt. Er nannte ihn Ceres.

In rascher Folge entdeckte man weitere 'Planeten' im Bereich zwischen Mars und Jupiter, die aber allesamt sehr klein waren.

Während andere von Planetenentdeckungen sprachen, war Wilhelm Herschel dafür, eine neue Kategorie für diese Kleinkörper einzuführen, denn sie unterschieden sich von echten Planeten deutlich.

Nicht nur dass sie viel kleiner sind, es liegen auch ihre Bahnen sehr eng beieinander und überschneiden sich zum Teil. Herschel prägte dafür den Begriff 'Asteroid', was aber von der Astronomengemeinschaft nicht gleich angenommen wurde.

Erst 1853, lange nach Herschels Tod, wurde die Bezeichnung Kleinplanet oder Asteroid eingeführt. Bis dahin hatte sich die Zahl der vermeintlichen Planeten schon auf 12 erweitert. Die Zahl der Planeten änderte sich im Laufe der Jahrhunderte mehrmals.

Friedrich Wilhelm Herschel erhielt für seine wissenschaftlichen Erfolge zahlreiche Auszeichnungen, sowohl noch zu Lebzeiten als auch ihm zum Gedenken nach seinem Tod. Er wurde Mitglied der englischen Royal Society in London und somit als ernstzunehmender Astronom anerkannt. Im Alter von 78 Jahren wurde er vom künftigen König Georg IV. zum Ritter geschlagen, und vier Jahre später (1820) wurde er Präsident der Royal Astronomy Society.

Später wurde ein Krater auf dem Mond nach ihm benannt. Und derzeit zieht ein Weltraumteleskop seine Bahnen um die Erde, das seinen Namen trägt und die Weiten des Alls ins Visier nimmt.

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Tycho Brahe

Tycho Brahe lebte von 1546 bis 1601

Tycho BraheTycho Brahe war ein dänischer Astronom, der kurz nach dem Ableben von Kopernikus zur Welt kam und sich bereits als Jugendlicher brennend für die Vorgänge am Himmel interessierte. Besonders faszinierte ihn die totale Sonnenfinsternis vom 21. August 1560, die pünktlich zum vorausberechneten Zeitpunkt eintrat. Das beeindruckte den damals 14jährigen Tycho sehr.

Er verbrachte sein Leben damit, den Sternenhimmel möglichst exakt zu vermessen und erfand zu diesem Zweck sogar riesige neue Messinstrumente. Anhand seiner über viele Jahrzehnte hinweg gesammelten Himmelsdaten konnte Johannes Kepler, ein Assistent bei ihm, später die elliptische Bahn des Mars nachweisen. Bis dahin galt, dass sich die Planeten auf perfekten Kreisbahnen bewegen.

Ein besonderes (körperliches) Merkmal Tycho Brahes war seine goldene Nase. Als Student hatte er einmal eine handfeste Auseinandersetzung mit einem Kommilitonen, der ihm einen Teil seiner Nase abschlug. Fortan trug Tycho eine Prothese aus Gold und Silber mitten im Gesicht.

Tycho Brahes eigenes Weltsystem

Tycho Brahe studierte gerade Jura in Kopenhagen, als er das Erlebnis mit der Sonnenfinsternis hatte. Von Stund an war er der Astronomie verfallen, und da er sie nicht studieren durfte (sein Ziehvater, der ihn finanzierte, hatte etwas dagegen), betrieb er seine Himmelsbeobachtungen als Hobby. Tagsüber studierte er, und nachts widmete er sich dem Sternenhimmel. Er kannte das geozentrische Weltsystem des Ptolemäus, und er hatte auch vom neuen heliozentrischen Weltsystem des Kopernikus gehört. Aber er entwickelte eigene Ideen bezüglich der Bewegung der Planeten.

Ihm war aufgefallen, dass sich Merkur und Venus immer in der Nähe der Sonne aufhalten und sich nie weit von ihr entfernen. Also befand er, dass diese beiden sich um die Sonne drehen mussten, und die Sonne wiederum zusammen mit ihnen um die Erde. Und so schuf er ein eigenes, tychonisch genanntes Weltbild. Neu war das allerdings nicht, denn schon der griechische Philosoph Herakleides Pontikos, ein Schüler Platons, äußerte 2000 Jahre vor Brahe die Idee, Merkur und Venus seien Trabanten der Sonne.

Auch die anderen Planeten umkreisen in seinem System die Sonne, und alle gemeinsam mit der Sonne umkreisen die unbewegliche Erde im Zentrum. So lassen sich einige Beobachtungen mit dem tychonischen Modell gut erklären: weshalb Merkur und Venus immer in der Nähe der Sonne bleiben, warum die Helligkeit der Planeten schwankt, warum Planeten manchmal rückwärts zu laufen scheinen.

Das einzige Problem ergab sich mit den kristallenen Kugelschalen, an denen die Himmelskörper befestigt sein sollen. Bei Tycho kreuzen sich Mars- und Sonnenbahn, was mit Kristallsphären unmöglich wäre. Und so schaffte er kurzerhand die Kristallschalen ab.

Begründen konnte er diesen Schritt auch mit Hilfe seiner Beobachtungen von Kometen. Tycho Brahe vermaß deren Bahnen und schätzte ihre Entfernung ab. Dabei stellte er fest, dass Kometen die Planetenbahnen kreuzen, sich der Erde rasch nähern und sich auch wieder von ihr entfernen.

Kometenbahn

Gäbe es die Kristallschalen für Planeten, hätten die Kometen diese durchdringen müssen, was unwahrscheinlich ist. Also schlussfolgerte Brahe daraus, dass es Kristallschalen nicht geben kann.

Auf welche Weise die Planeten trotzdem am Himmel bleiben und nicht in die Sonne oder auf die Erde stürzen, darüber machte er sich keine Gedanken. Diesem Problem widmete sich später Kepler und dann einige Zeit später auch Isaac Newton. Tycho Brahe war der Erste, der feststellte, dass sich Himmelskörper nicht nur auf Kreisbahnen bewegen können, sondern auch auf langgestreckten eiförmigen (elliptischen) Bahnen, denn das ergaben seine Beobachtungen der Kometen.

Elliptische Bahnen waren eine Weltneuheit! Außerdem war man bisher der Ansicht, Kometen seien sublunare Erscheinungen, also Körper, die sich innerhalb der Mondbahn oder vielleicht sogar in der Erdatmosphäre bewegen. Dass dem nicht so ist, fand Tycho Brahe als Erster heraus.


Tycho Brahes Lebenswerk

Tycho Brahe war ein sehr sorgfältiger Beobachter. Er stellte fest, dass die Messwerte des Ptolemäus und auch alle nachfolgenden verbesserten Messwerte nicht genau genug waren. Die Planeten und Sterne wichen am Himmel stets ein wenig vom vorherberechneten Wert ab. Brahe nahm sich vor, genauere Werte zu liefern.

Er hatte das Glück, dem dänischen König Friedrich II. als vielversprechender Wissenschaftler aufgefallen zu sein. Dieser stellte ihm die Insel Hven zur Verfügung und finanzierte ihn großzügig, sodass Brahe dort eine Sternwarte nach seinen Vorstellungen bauen konnte.

Brahe ließ eigens entworfene riesige Beobachtungsinstrumente einbauen, die sich zum großen Teil im Keller befanden, und nur der obere Teil schaute aus dem Gebäude heraus. Sein Mauerquadrant - ein Visiergerät - hatte einen Durchmesser von mehr als viereinhalb Metern! Er hatte festgestellt, dass die Beobachtungswerte um so genauer sind, je größer die Messskala ist, von der er ablesen kann. Nirgends auf der Welt gab es derartig riesige Messinstrumente wie bei Tycho Brahe.

Sein Beobachtungszentrum war einmalig, und er erarbeitete sich den Ruf eines gewissenhaften Astrometrikers, der über die besten und genauesten Werte seiner Zeit verfügt. Seine Forschungsstätte benannte er nach der Muse der Astronomie - Urania - Uranienburg. 20 Jahre lang arbeitete er dort und erreichte eine bis dahin nie gekannte Präzision der Orte von Sternen und Planeten. Er war eine Berühmtheit, und unzählige junge Menschen pilgerten zu seiner Insel, um ihm als Assistent dienen zu dürfen und an seinem Sternenkatalog mitarbeiten zu können.

Neue Anstellung in Prag

Mit dem Tod des Königs Frederik war es vorbei mit der großzügigen Finanzierung, Tycho musste sich nach einer neuen Anstellung umsehen. Die fand er 1598 bei Kaiser Rudolf II. in Prag als Kaiserlicher Mathematiker. Im Februar 1600 stellte er einen neuen Assistenten ein: Johannes Kepler. Da dieser schlechte Augen hatte, aber ein großer Mathematiker war, sollte er nicht bei Beobachtungen assistieren, sondern die Marsbahn berechnen.

Tycho Brahe und Johannes Kepler kamen nicht gut miteinander aus, es gab immer wieder Auseinandersetzungen und Ärger. Nicht nur, dass Kepler ein großer Theoretiker war und sich bemühte, auch hinter die Dinge zu blicken, und Brahe eher der Praktiker war, der Daten sammelte, ohne sie vollständig auszuwerten, nein, beide hatten auch eine unterschiedliche Weltanschauung.

Während Brahe die Erde unbeweglich im Zentrum sah und sich vorstellte, dass sie von der Sonne umkreist wird, die wiederum von den Planeten umkreist wird, war Kepler vom kopernikanischen System überzeugt, bei dem die Sonne im Zentrum steht und alle Planeten einschließlich der Erde sie umrunden. Das machte es für beide schwierig zusammenzuarbeiten.

Tycho Brahe starb bald darauf (am 24. Oktober 1601) völlig unerwartet an einem Blasenleiden und konnte so sein Lebenswerk, die Rudolfinischen Tafeln (der Sternkatalog mit Listen der künftigen Planetenbewegungen, der die veralteten Sternkataloge Alfonsinische Tafeln und Prutenische Tafeln ersetzen sollte, da die Werte Brahes viel genauer sind) nicht mehr vollenden.

Johannes Kepler sollte seine Arbeit fertigstellen und veröffentlichen. Kepler übernahm auch Brahes Stelle als Kaiserlicher Mathematiker und schaffte es viele Jahre später, mit Hilfe des umfangreichen Datenmaterials aus Brahes Schaffen nachzuweisen, dass sich der Planet Mars nicht auf einer Kreisbahn bewegt, sondern eine Ellipse beschreibt.

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Johannes Müller - Regiomontanus

Johannes Müller lebte von 1436 bis 1476

RegiomontanusRegiomontanus war zunächst Schüler des Georg von Peuerbach. Die beiden verstanden sich sehr gut und arbeiteten fortan gemeinsam. Durch den frühen Tod Peuerbachs stand Regimontanus vor der großen Aufgabe, dessen begonnene Werke fortzuführen und zur Veröffentlichung zu bringen, was ihm auch ganz hervorragend gelang.

Zu den bedeutenden Leistungen der beiden gehören astronomische Tafelwerke und Planetentafeln. Diese enthalten tausende Zahlenwerte, die von den beiden Männern vorher mit großem Aufwand berechnet werden mussten, denn es gab ja noch keine Rechenhilfen wie Taschenrechner oder gar Computer.

Mit den Tafeln gingen Seefahrer auf Reisen und nutzten die Berechnungen der Astronomen, um sich auf dem Meer am Sternenhimmel zu orientieren. Außerdem entwarfen und bauten sie zahlreiche astronomische Messgeräte, die auch in der Seefahrt unentbehrlich wurden.

Die Kindheit

Im Jahr 1436 wurde Johannes Müller in einer kleinen Ortschaft östlich von Schweinfurt geboren. Seine spätere Bezeichnung als Regiomontanus leitet sich aus dem Namen seines Geburtsortes Königsberg ab (regio=König, mons=Berg), wurde aber erst Jahrzehnte nach seinem Tod in Gebrauch genommen.

Johannes war ein auffallend kluges Kind und begann bereits mit 11 Jahren ein Studium an der Universität Leipzig. 1450 kam er 14jährig nach Wien und erregte dort bald die Aufmerksamkeit seines Lehrers Georg von Peuerbach.


Freundschaft mit Georg Peuerbach

Aus dem Lehrer-Schüler-Verhältnis entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Peuerbach bildete ihn in allem aus, was er selbst konnte. Schon bald konnte Johannes bei zeitaufwändigen komplizierten astronomischen Berechnungen helfen und füllte Tabellenwerke, Ephemeriden, Kalender und Sinustafeln mit Zahlenwerten.

Die beiden stellten außerdem zahlreiche Beobachtungsreihen über Planetenkonstellationen auf, maßen Sonnenhöhen und Ekliptikparameter und beobachteten gemeinsam Mondphasen und Finsternisse. Auch in den Instrumentenbau wurde Johannes von seinem Meister eingewiesen. Etwas Besseres hätte dem jungen Regiomontanus nicht passieren können. In Georg von Peuerbach hatte er einen herausragenden Lehrer, Förderer und Freund gefunden.


Verdienste des Regiomontanus

1457 erhielt Johannes mit 21 Jahren die Magisterwürde und konnte nun selbst Vorlesungen an der Universität halten. Nebenbei beschäftigte er sich mit ebener und sphärischer Trigonometrie und Gleichungen höheren Grades. Nach dem Tod Peuerbachs 1461 verließ er Wien und ging mit Kardinal Bessarion auf Italienreise, die eigentlich gemeinsam mit Peuerbach geplant gewesen war.

Auf dieser Reise vollendete Johannes die "Epitoma in Almagestum", die "Einführung in die Himmelskunde des Ptolemäus", die Peuerbach begonnen hatte. Auch zahlreiche andere Werke, zumeist astronomische Tabellen und Tafeln, vollendete Johannes für seinen Freund und veröffentlichte sie. Diese Tabellenwerke gingen dann mit großen Schiffen auf weite Reisen, denn die Seefahrt erlebte gerade einen Aufschwung und benötigte dringend astronomische Orientierungshilfen.

1468 wurde Johannes Müller alias Regiomontanus zum Hofastronomen des ungarischen Königs Matthias Corvinus ernannt. 1471 ließ er sich dann in Nürnberg nieder und errichtete eine kleine Sternwarte, eine Druckerei und eine Werkstatt zum Bau astronomischer Instrumente. 1475 wurde Johannes von Papst Sixtus IV. nach Rom berufen, um an einer Reform des Kalenders mitzuarbeiten. Doch leider erkrankte er bald darauf (wahrscheinlich an der Pest) und verstarb im Alter von nur 40 Jahren. Und so sollte noch ein ganzes Jahrhundert vergehen, bis die Kalenderform durchgesetzt werden konnte.

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