Gestern (12.09.2015) habe ich einen sehr schönen Tag im oberfränkischen Hof verbracht. Die Hofer Sternwarte hatte zum diesjährigen Sternfreundetreffen geladen und dafür ein abwechslungsreiches Programm vorbereitet. Es gab diverse Vorträge, zwei Workshops und Sonnenbeobachtung mit einem eigens für die Sternwarte konstruierten Sonnenteleskop mit 3m Brennweite. Mehrere Kaffeepausen mit selbstgebackenem Kuchen und gemeinsame Mittag- und Abendessen in der nahe gelegenen Hofer Jugendherberge rundeten das tolle Angebot ab.

Ich möchte an dieser Stelle kurz auf einige Vorträge eingehen. Natürlich kann ich nicht alles wiedergeben, ich habe mir nur ein paar Notizen von Informationen gemacht, die mir besonders interessant vorkamen.


Ein Wald im Universum: Der Lyman alpha forest

Vortragender: Andreas Schmidt, Doktorant am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching

Unter dem Titel konnte ich mir zunächst mal gar nichts vorstellen. Andreas hat uns dieses schon ziemlich exotische Thema sehr anschaulich erklärt.

Es geht hier im Prinzip um die Messung von Signalen, die von Quasaren ausgesendet wurden. Im Spektrum der Signale gibt es enorm viele Absorptionslinien, die dadurch entstehen, dass das Licht der Quasare auf dem Weg zu uns vielerlei durchquert: Wasserstoffwolken oder selbst Galaxien.

Anhand der Länge, Breite und Position der Absorptionslinien lassen sich nun Rückschlüsse über die Struktur des Universums ziehen. Das geht natürlich nicht mit einem einzigen Quasar, denn die Informationen erhält man dann nur für einen winzigen Bereich. Untersucht wurden bereits zigtausende Quasare. Die Daten erhalten die Wissenschaftler von der Himmelsdurchmusterung durch z.B. dem Sloan Digital Sky Survey (SDSS).

Besonders interessant ist hier die alpha-Linie des Wasserstoffs. Nach Auswertung der Daten und deren Aufbereitung durch digitale Simulationsprogramme erhalten die Wissenschaftler ein 3D-Abbild der Wasserstoffwolken, die sich zwischen uns und den beobachteten Quasaren befinden. Dabei ist sogar eine zeitliche Einordnung der Struktur dieser Wolken möglich, da das Signal vom Quasar ja viele Millionen Lichtjahre unterwegs war und das Universum und somit auch die Wasserstoffwolken sich unterdessen stark verändert haben.


Wie schaff(t)en es die Astronomen, die Bahnen von Planeten und Kometen zu berechnen?

Vortragender war Herr Michael Neudert

Natürlich war allen schon von vornherein klar, dass wir es nicht schaffen würden, uns innerhalb der relativ kurzen Zeit ausreichende Kenntnisse anzueignen, um dann eigene Berechnungen anstellen zu können. Der Vortrag war dennoch sehr interessant, denn bevor man überhaupt zu rechnen anfängt, muss man umfangreiche Überlegungen zu allen möglichen Einflüssen machen. Das ist ganz schnell jedem im Saal klar geworden.

Am Anfang steht die Messung von Planetenorten und damit die Wahl des Koordinatensystems, z.B. ekliptikal oder äquatorial. Dann ist es ja so, dass sich die Körper des Sonnensystems nicht um die Erde bewegen, sondern um die Sonne. Die Messwerte haben wir aber von einem geozentrischen Standpunkt aus gewonnen. Hier muss also noch eine Umrechnung in ein heliozentrisch äkliptikales System vorgenommen werden.

Die Messdaten für sich gesehen sind auch nicht ganz ohne. Hier gilt es, zahlreiche Einflussfaktoren zu erkennen und herauszurechnen, die die Messwerte verfälschen können. Nehmen wir beispielsweise die Refraktion. Das Licht eines Himmelskörpers durchquert den Raum und dringt dann in die Atmosphäre der Erde ein. Dabei wird es etwas abgelenkt. Das kennt jeder, der schonmal ein Trinkröhrchen in ein Glas Wasser gesteckt hat. Das Röhrchen sieht dann aus als hätte es einen Knick. Ähnliches passiert auch mit dem Lichtstrahl in der Erdatmosphäre. Die Sterne und Planeten befinden sich also nicht 100%ig an der Stelle, an der wir sie am Himmel sehen. Je nach Höhe ist die Ablenkung des Lichtstrahls auch noch unterschiedlich groß (besonders starke Anblenkung von 10-15% haben wir in Horizontnähe).

Ein weiteres Problem entsteht dadurch, dass die Lichtgeschwindigkeit nicht unendlich groß ist. Beispielsweise benötigt das Licht von Jupiter bis zu uns je nach Bahnposition 33 bis zu 53 Minuten. In dem Moment, wo wir Jupiter an einer Stelle am Himmel sehen, ist er in Wirklichkeit gar nicht mehr dort, sondern je nach momentaner Geschwindigkeit schon x-Tausend Kilometer weiter (Jupiter hat eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 47.000 km/h, in 33 Minuten legt er also eine Strecke von rund 26.000 Kilometern zurück!).

Ihr seht also, die Berechnung der Planetenbahnen ist kein leichtes Unterfangen. Dabei habe ich hier noch nicht einmal alle Einflussfaktoren genannt, die bei einer Berechnung berücksichtigt werden müssen. Und wenn wir uns jetzt Johannes Kepler Anfang des 17. Jahrhunderts vorstellen, wie er mit den Beobachtungsdaten von Brahe die Marsbahn berechnete (ohne Computerhilfe!), dann können wir uns ein ungefähres Bild von der großartigen Leistung dieses Astronomen machen. Er hat letztlich herausgefunden, dass die Marsbahn nicht kreisförmig verläuft, sondern eine Ellipse ist.


Virtuelle Reisen durch das All mit Celestia

In diesem Workshop zeigte uns Tobias Feigel von der Sternwarte Hof, was man mit dem 3D-Weltraum-Simulationsprogramm Celestia machen kann.

So kann man zum Beispiel eine Rundreise durch das Sonnensystem machen und dabei nacheinander alle Planeten (und wenn man will auch alle Monde, Asteroiden usw.) anfliegen kann. Für individuelle Reisepläne ist es möglich, ein kleines Script zu schreiben, mit dem die einzelnen Reiseorte automatisch nacheinander abgeklappert werden.

Tobias hat dafür sogar ein eigenes Tool entwickelt, mit dem sich ganz ohne Programmierkenntnisse und mit wenigen Handgriffen eine Tour zusammenklicken lässt. Im Workshop gab er uns einen Einblick in die Handhabung, sodass dann am Ende der Stunde jeder in der Lage war, ein Reiseziel seiner Wahl anzusteuern und dort zu verweilen.

Wer daran Geschmack gefunden hat, dem bieten sich unzählige Möglichkeiten, Celestia nach eigenem Geschmack zu steuern und zu erweitern. Durch zusätzliche Add-Ons lassen sich sogar Raumschiffe und Schauplätze aus Star Wars einbinden und verwenden!

Celestia steht frei zum Download zur Verfügung. Auf der Webseite gibt es außerdem eine Dokumentation und eine Sammlung von Add-Ons.


Nischen und andere Orte der Weltbetrachtung

Der Vortrag von Herrn Dr. Peter Hiltner führte uns sehr deutlich vor Augen, wie winzig die Erfahrungswelt von uns Menschen ist und wie gigantisch dagegen die Dimensionen im Universum, die wir niemals persönlich erleben und erfahren werden. Entsprechend 'menschlich' ist auch die Herangehensweise an alles, was uns umgibt und darüber hinaus.

In einem Diagramm, das die wichtigsten Dimensionen darstellen sollte, die das Seiende charakterisieren, haben wir die Nische eingetragen, die wir mit unseren Sinnesorganen und unseren Alltagserlebnissen verstehen und erleben können. Wenn wir wirklich maßstabsgetreu gewesen wären, hätte man von dieser unseren menschlichen Nische im Weltall so gut wie gar nichts sehen können, so winzig ist sie im Vergleich zu den absolut möglichen Grenzen.

Menschliche Nische der möglichen Erfahrungen

Darüber hinaus gehen können wir mit Hilfe der Mathematik. Wenn unsere Formeln stimmen, dann können wir sie auch auf Bereiche anwenden und schauen was passiert, die wir persönlich nie betreten werden. Also was gibt es für Effekte bei Lichtgeschwindigkeit? Was passiert bei extrem hohen Temperaturen? Wie groß ist die Schmelztemperatur des Vakuums (das heißt ab welcher Temperatur entstehen spontan neue Teilchen)? Ab wann gibt es keine unterscheidbaren Objekte mehr (dann ist alles nur noch eine einzige Plasmasuppe)?

Und so kamen wir dann zu der Erkenntnis, dass Licht ist. Licht existiert unabhängig von Raum und Zeit. Es hat eine konstante Geschwindigkeit, die sich auch nicht abhängig von einem Bezugssystem ändert. Ganz anders ist es bei allem anderen. Jeder kennt sicher das Beispiel, wenn ein Zwilling mit einem Raumschiff mit annähernd Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist und dann zur Erde zurückkehrt. Dann ist für ihn eine andere Zeit vergangen als für den anderen Zwilling. In seinem Bezugssystem (dem Raumschiff) ist nur wenig Zeit vergangen, auf der Erde dagegen sehr viel. Das Licht selbst bleibt von solchen Abhängigkeiten unberührt.

Das ist nur schwer zu ermessen, da es wie schon gesagt außerhalb unserer Erfahrenswelt liegt. Auch dass zwei zusammenhängende Eigenschaften eines Teilchen nicht beliebig bestimmbar sind (die sogenannte Heisenbergsche Unschärferelation), ist nur schwer zu verstehen, aber auch Bestandteil der Erkenntnisse im 20. Jahrhundert, als Wissenschaftler wie Einstein, Bohr, Heisenberg, Planck und andere die Welt noch einmal neu überdachten und sich von der klassischen Physik entfernten.

Damit haben wir aber unsere Nische der Erkenntnis noch nicht wesentlich vergrößert. Es warten noch viele spannende neue Erkenntnisse darauf, erkannt und entdeckt zu werden.


Vom Video zum fertigen Astrofoto - ein Praxisworkshop

In diesem Workshop zeigte uns Daniel Völkel, wie sich eine Videoaufnahme (egal ob von Sonne, Mond oder Planeten) mit Hilfe diverser Software in einzelne Bilder zerlegen lässt, die vom Computer dann automatisch auf ihre Abbildungsqualität geprüft und aussortiert werden, um dann am Schluss die jeweils besten Bilder zu einem Geamtkomposit zu verrechnen.

Anschließend ist noch eine Nachbearbeitung des Fotos nötig, bei der es z.B. noch nachgeschärft und eventuell mit einem Farbfilter belegt wird. Heraus kommen ansehnliche Astrofotos, die mit einer einzelnen Aufnahme gar nicht möglich gewesen werden.

Die dazu verwendete Software ist Freeware, und das Übungsmaterial wurde dankenswerterweise vom Team der Sternwarte zur Verfügung gestellt. Ich bin mir sicher, dass nun der eine oder andere (einschließlich mir) sich nun doch an das schwierige Thema Astrofotografie heranwagen wird.


Das Staubkorn im Heuhaufen - gibt es Leben außerhalb der Erde?

Den Abschluss der astronomischen Vortragsreihe bildete das Referat von Frau Dr. Stephanie Roloff, die uns die Antwort auf die eingangs gestellte Frage gleich zu Beginn beantwortete: Wir wissen es nicht.

Was wir tun können ist das Leben zu ergründen, auf biologischer Ebene, auf chemischer und auch auf physikalischer Ebene. Welche Grundbedingungen müssen definitiv gegeben sein, damit Leben überhaupt existieren kann? Welche Grenzwerte können wir festlegen, bevor wir uns an die aufwändige Suche nach Leben auf anderen Himmelskörpern machen?

In welchem Bereich muss die Temperatur liegen (zu kalt: da passiert gar nichts, zu heiß: gerade entstandene Moleküle zerfallen gleich wieder)? Wie klein und wie groß darf die Gravitation sein (zu kleine Himmelskörper können keine Gase festhalten und Wasser sublimiert sofort ins Weltall, auf sehr massereichen Körpern wirkt die Graviation dermaßen, dass man 'plattgedrückt' wird und kein Wachstum in die Höhe möglich ist)? Welche chemischen Elemente müssen auf jeden Fall vorhanden sein und zu welchen Umweltbedingungen (je nach Temperatur und Druck sind Stoffe fest, flüssig oder gasförmig)?

Um all diese Fragen (und noch einige mehr) beantworten zu können, ziehen wir natürlich den einzigen Himmelskörper in die nähere Betrachtung, der nachgewiesenermaßen Leben beherbergt. So können wir zumindest feststellen, dass die Bedingungen, die hier auf der Erde herrschen (und vor 4 Milliarden Jahren herrschten), ganz sicher dazu geführt haben, dass Leben entstehen und sich weiterentwickeln konnte. Unter gleichen Bedingungen ist dies vielleicht auch andernorts möglich. Also suchen wir nach erdänhlichen Planeten, die sich in der habitablen Zone ihres Sterns befinden.

Natürlich sind auch ganz exotische Erscheinungsformen möglich, die ihrerseit bei ganz anderen Bedingungen zurechtkommen (man denke nur an Bakterien, die an den unwirtlichsten Orten der Erde vorkommen). Das ist nicht auszuschließen, aber worauf sollte man da achten? Einfacher ist es, bekannte Bedingungen heranzuziehen und nach Leben zu suchen, das unserem ähnelt.

Im zweiten Teil des Vortrages ging es um das "Große Kosmische Schweigen". Warum, wenn doch die Galaxie und auch das Universum voller Orte ist, die unserer Erde ähneln, haben wir noch immer kein Leben da draußen gefunden oder mit fremden Wesen Kontakt aufgenommen?

Dafür gibt es zahlreiche Gründe. Beispielsweise die enormen Entfernungen im Weltall verhindern es, dass wir einfach mal losfliegen und andere Sterne und Planeten besuchen können. Selbst in unserem eigenen Sonnensystem haben wir noch nie einen anderen Planeten betreten (abgesehen natürlich von automatischen Landeeinheiten und ferngesteuerten Rovern). Selbst die Signale von einem System zu einem anderen benötigen sehr viel Zeit, in Relation zu unserer eigenen Lebensdauer. Und dann muss am anderen Ende auch jemand "zuhören", also in der Lage sein, Signale aufzufangen und richtig zu deuten. Wir selbst verfügen erst seit sehr kurzer Zeit über derartige Technologien.

Dann spielt auch das Zeitfenster eine wichtige Rolle. Zum Einen muss ein Himmelskörper, der Leben hervorbringen soll, über lange Zeit bestehen, denn die Evolution braucht einfach viel Zeit. Zum Anderen darf er nicht schon kurz vor dem Ende seiner Lebenszeit stehen. Auch auf der Erde werden die Bedingungen irgendwann so schwierig, dass sich das Leben einfach nicht mehr halten kann. Irgendwann sterben wir aus, das ist sicher. Um sich gegenseitig zu finden, muss also eine Gleichzeitigkeit der Existenz gegeben sein. Doch sind nicht alle Planetensysteme zur gleichen Zeit entstanden.

Alles in Allem ist es ein sehr komplexes Thema, und in eineinhalb Stunden ist es unmöglich, alle Aspekte der Suche nach Leben im Weltall im Einzelnen näher zu beleuchten. Dennoch hat uns dieser Vortrag einen guten Überblick gegeben und genug Stoff, um auf dem Nachhauseweg darüber nachzudenken.


Mehr Informationen zu diesem Thema findet ihr auf den Seiten Leben, Außerirdische und Habitable Zone.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, nun ist dieser Beitrag doch sehr viel länger geworden als geplant. Aber sehr viel kürzer lässt es sich leider auch nicht ausdrücken.. ;-)

Eure Denise

Drucken