Einstmals zweitgrößtes Teleskop der Welt jetzt in Lilienthal rekonstruiert
Am 28. November 2015 war es endlich soweit: Das Telescopium Lilienthal wurde feierlich eingeweiht und damit der öffentlichen Nutzung übergeben. Dem ging eine 15jährige Planungs- und Bauphase voraus - eine spannende Zeit für den Verein AVL, der extra zu diesem Zweck gegründet wurde.
Das Telescopium ist dabei nicht irgendein Instrument zur Himmelsbeobachtung, sondern der Nachbau des historisch bedeutsamen Instruments von Johann Hieronymus Schroeter aus der Zeit um 1800. Es besteht aus einem Fachwerkturm mit einem drehbaren Aufbau. Das hölzerne Fernrohr hängt an einem Flaschenzug und kann somit in der Höhe variiert werden. Es lässt sich um 360 Grad drehen und zeigt die Himmelskörper in rund 800facher Vergrößerung.
Als Wilhelm Herschel im Jahr 1781 einen bis dahin unbekannten Planeten entdeckte (Uranus), war das eine große Sensation mit weit reichenden Folgen. Mit einem Schlag erweiterte sich das bis dahin bekannte Sonnensystem um viele Millionen Kilometer. Und nicht nur das: Beobachtungen und Bahnberechnungen von Uranus legten nahe, dass es hinter ihm noch mindestens einen weiteren Planeten geben musste!
Der Fund des neuen Planeten verschaffte der praktischen Astronomie einen enormen Aufschwung. Der Himmel wurde nun systematischer abgesucht, und viele Menschen entdeckten die Astronomie für sich als Hobby oder auch als Berufung. Außer hinter Uranus wurde auch zwischen Mars und Jupiter noch ein Planet vermutet. Der Asteroidengürtel dort war noch völlig unbekannt.
Zum Ende des 18. und Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden deshalb viele neue Sternwarten, und es wurden neue Teleskope entwickelt, größer und besser als alles bislang dagewesene. So auch in Lilienthal bei Bremen. Der Amtmann Johann Hieronymus Schroeter errichtete dort eine astronomische Beobachtungsstation.
Schroeter begann mit einem kleinen Spiegelteleskop, vergrößerte und erweiterte aber im Laufe der Zeit seine Instrumente, sodass er dann ab 1794 ein Riesenteleskop nutzen konnte, das schnell einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Damals war es das größte Teleskop auf dem europäischen Kontinent und das zweitgrößte der Welt. Es besaß eine Öffnung von 50,8 cm und einer Brennweite von 27 Fuß bzw. 8,25 m.
Das Teleskop war beeindruckend und leistungsstark und bekam daher regen Besuch von Astronomen und hohen Staatsbeamten dieser Zeit. Zusammen mit Olbers, Bessel, Zach und anderen Gelehrten gründete Schroeter 1800 in Lilienthal die Astronomische Gesellschaft, die erste astronomische Vereinigung der Welt, und machte Lilienthal damit zum Zentrum der europäischen Astronomie.
Lange währte die Ära Lilienthal leider nicht, trotz aller Bedeutung. Nach dem Tod Schroeters im Jahr 1816 verfiel die Sternwarte zusehends, und heute ist davon nichts mehr übrig. Doch nun, ab 2015, wird die historische Bedeutung des Ortes Lilienthal für die Astronomie wieder deutlich sichtbar und begreiflich. Jeder kann sich mit einem Blick durch das Teleskop davon überzeugen, welch große Leistungen im Bereich der Astronomie und vor allem auch auf dem Gebiet des Teleskopbaus bereits vor 200 Jahren vollbracht wurden.
Ich danke hiermit ganz herzlich Herrn Kreuzberg für die Informationen und die zur Verfügung gestellten Fotos. Hier geht es zur Webseite des Telescopium Lilienthal.