Am 10. September 2011 starteten zwei Raumsonden mit einer Delta-2-Trägerrakete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral aus ins All. Ihre Mission war es, das Schwerefeld unseres Mondes mit bislang ungekannter Präzision zu vermessen. Die Messungen erlauben dann Rückschlüsse auf den inneren Aufbau des Mondes und seine geologische Entwicklung.

Grail-Sonden unterwegs zum Mond

Die Mondsonden mit der Bezeichnung Gravity Recovery and Interior Laboratory (GRAIL) flogen nicht auf direktem Weg zum Mond, sondern nahmen einen Umweg über den Lagrangepunkt L1. Dieser Ort befindet sich genau zwischen Erde und Sonne, mit einem Abstand von 1,5 Millionen Kilometern zur Erde. Hier heben sich die Anziehungskräfte zwischen Sonne und Erde auf. Von dort aus bewegten sich die Sonden dann auf unterschiedlichen Bahnen in Richtung Mond.Lagrangepunkte

Dieses umständliche Flugmanöver wurde gewählt, damit die Raumsonden nicht mit zuviel Schwung beim Mond ankommen. Ihre Relativgeschwindigkeit war beim Eintreffen am Mond recht gering, sodass beim Einschwenken in die Mondumlaufbahn nur kleine Bremsmanöver nötig waren. So konnte Treibstoff und letztlich Masse beim Start gespart werden. Für die Beförderung der Sonden ins All genügte also eine relativ kleine und somit kostengünstige Trägerrakete.

Die beiden Sonden kamen an Silvester 2011/Neujahr 2012 an ihrem Ziel an und schwenkten zunächst in eine stark elliptische Umlaufbahn um den Mond ein. In den folgenden 3 Monaten wurden die Flugbahnen soweit korrigiert, dass sich die Grail-Sonden synchron auf Kreisbahnen mit einer Höhe von 50 Kilometern über der Mondoberfläche um den Mond herum bewegen. Der Abstand zwischen den beiden Sonden beträgt zwischen 175 und 225 Kilometer.

Ab März 2012 wurde die eigentliche Arbeit aufgenommen. Die Sonden haben Sender und Empfänger an Bord und können damit jederzeit sehr präzise den Abstand zwischen einander messen. Daraus und aus den Daten ihrer Umlaufbahn lassen sich dann selbst geringfügige Abweichungen des Schwerefeldes des Mondes ermitteln.

Mondsonden GRAIL

Ende Mai 2012 war die primäre wissenschaftliche Mission abgeschlossen. Die Sonden hatten in den vergangenen 89 Tagen ununterbrochen Daten über das Schwerefeld des Erdtrabanten gesammelt. Die Wissenschaftler erhoffen sich davon neue Informationen über das Innere des Mondes. Die Sonden überflogen dabei auch die Pole des Mondes, sodass nahezu 100% der Mondoberfläche erfasst werden konnten.

Ende August bekam die Mission die Freigabe zur Fortsetzung der Datensammlung. Um das Schwerefeld des Mondes noch detaillierter zu erfassen, wurden die beiden Sonde auf einen Orbit gebracht, der sie im geringsten, noch sicher möglichen Abstand um den Erdtrabanten führt.

Im Durchschnitt betrug die Flughöhe nun 23 Kilometer, wobei einige höhere Oberflächenstrukturen des Mondes in einem Abstand von nur acht Kilometern überflogen wurden.

Die Auswertung der von der GRAIL-Mission gesammelten Daten ergab mehrere Karten des Schwerefeldes des Mondes, die jeweils unter verschiedenen Aspekten die Strukturen auf und unter der Mondoberfläche zeigen.

Sie ermöglichen einen Einblick in die innere Struktur des Erdtrabanten und auch auf seine Entstehungsgeschichte. Sie zeigen zahlreiche Strukturen auf der Mondoberfläche, wie etwa die Ränder von Einschlagbecken, Zentralberge von Kratern oder einfache Trichter, die durch Einschläge entstanden sind.

Mondkarte von GRAIL

Die Farben symbolisieren unterschiedliche Werte der Anziehungskraft des Mondes. In den blauen Bereichen ist die Schwerkraft vergleichsweise niedrig, in den roten Gebieten ist sie höher.

Im Schwerefeld des Mondes hat sich die Geschichte von Einschlägen aus dem All, die alle festen Objekte des Sonnensystems im Verlauf ihrer Entwicklung maßgeblich beeinflusst haben, erhalten. Bei manchen Einschlägen kam es sogar zu Brüchen im Inneren des Mondes, die bis tief in die Kruste und eventuell sogar bis in den Mantel reichen.

Schwerkraftanomalien in der Mondkruste

Es hat sich auch gezeigt, dass die mittlere Dichte der Kruste im Hochland des Mondes deutlich niedriger ist als man bislang angenommen hatte. Sie hat nach neuesten Erkenntnissen eine Dicke von 34 bis 43 Kilometern, was zwischen zehn und 20 Kilometer weniger ist, als bislang angenommen.

Mit dieser Dicke der Kruste ähnelt die globale Zusammensetzung des Mondes der der Erde. Dies liefert Unterstützung für Modelle, nach denen der Mond aus Material von der Erde besteht, das durch einen gewaltigen Einschlag in der Frühphase des Sonnensystems ins All geschleudert wurde.

Die Mission endete am 17. Dezember 2012 kurz vor Mitternacht in der Nähe des Mondnordpols. Die beiden Sonden hatten an diesem Abend ihren letzten Auftrag zu erfüllen: zünde die Triebwerke, verbrauche den noch enthaltenen Treibstoff vollständig und stürze dann auf einen Mondberg! Ebb und Flow erfüllten ihre finale Aufgabe vorbildlich und lieferten so bis ganz zum Schluss noch wertvolle Informationen, die dann bei künftigen Missionen genutzt werden können.

Beim Abbrennen des Treibstoffes wurde die Brenndauer gemessen. Ebb hat seine Triebwerke für vier Minuten und drei Sekunden gefeuert und Flow für fünf Minuten und sieben Sekunden. Daraus lässt sich nun errechnen, wieviel Treibstoff während der gesamten Mission für alle Manöver gebraucht wurde. Dieses Wissen hilft bei der Planung der Treibstoffvorräte bei neuen Missionen.

Der Aufprall auf den Mondberg, den die Sonden mit einer Geschwindigkeit von 1,7 Kilometern pro Sekunde ansteuerten, dürfte dafür gesorgt haben, dass nicht viel übrig geblieben ist. Bilder von der Absturzstelle soll die Mondsonde Lunar Reconnaissance Orbiter liefern, wenn sie in einigen Wochen die Absturzstelle überfliegt.

Absturzstelle von Grail

Die Absturzstelle benannte die NASA nach der US-Astronautin Sally K. Ride, der ersten Amerikanerin im All, die im Sommer einem Krebsleiden erlegen war. Sie hatte das mit GRAIL verbundene Schulprojekt geleitet, in dessen Rahmen Schulkinder mit den Kameras an Bord von Ebb und Flow Beobachtungen auf dem Mond durchführen konnten.

Die Mondsonden verfügten mit dem Experiment MoonKAM - als erste NASA-Mission dieser Art überhaupt - auch über ein Instrument an Bord, das nur für die Lehre und Öffentlichkeitsarbeit genutzt wurde. Die beiden Kameras haben mehr als 115.000 Bilder der Mondoberfläche gemacht. Die Beobachtungsziele waren zuvor von Schülern vorgeschlagen worden.

Quelle: 'Sterne und Weltraum' und astronews.com

Die Aufnahmen auf dieser Seite stammen von der NASA (Courtesy NASA/JPL-Caltech).

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